Smartphone – Leitwolf unter den Smart-Pelzen

Wir schenken ihm täglich dutzende von Blicken und geben ihm sogar Streicheleinheiten: Das Smartphone ist unser ständiger Gefährte. Was wir dabei nie vergessen dürfen: Es weiß und verrät alles über unser Leben – doch wir können es zähmen.
Bild
Collage: Der Bildschirm eines Smartphones (schwarz-weiß). Darüber eine Grafik eines Gehirns im Querschnitt (rot).

Lesen Sie alle Artikel unserer Reihe über das Internet der Dinge!

Wir schenken ihm täglich dutzende von Blicken, lächeln ihm zu und geben ihm sogar Streicheleinheiten – unser Smartphone ist unser täglicher Gefährte. Mit permanentem Körperkontakt begleitet es uns durchs Leben und ist unser Retter in der Not. Zum Beispiel wenn wir uns fragen, wo die nächste Pommesbude ist oder wie denn nun die Hauptstadt von Madagascar heißt. Immer und überall verlassen wir uns auf das Smartphone. Doch wir sollten uns sehr genau überlegen, welche Informationen wir ihm anvertrauen wollen. Denn eine negative Eigenschaft des Smartphones sollten wir immer im Hinterkopf haben: Es kann keine Geheimnisse für sich behalten.

Inhalt

1. Was ist ein Smartphone?
2. Wo stehen wir aktuell?
3. Wo liegen die Gefahren?
4. Fazit
Weiterführende Links

1. Was ist ein Smartphone?

Von allen smarten Objekten, die wir vorstellen, ist das Smartphone in den letzten Jahren das Alltäglichste geworden. Smartphones gibt es schon seit den 90ern, doch erst mit der Einführung des iPhones im Jahr 2007 gewannen sie große Marktanteile. Das klassische Handy wurde vom Smartphone quasi ausgerottet. Überall auf der Welt wischen Leute nun auf Touchdisplays um die Wette und erfreuen sich an Millionen von mehr oder minder praktischen Apps.

Wir setzen uns für Ihre Privatsphäre und Grundrechte ein. Werden Sie Fördermitglied bei Digitalcourage.

Die vielen Funktionen des Smartphones machen es zu einem Computer im Kleinformat – Smartphones haben ein eigenes Betriebssystem, auf dem sich Programme installieren lassen. Telefon, Adressbuch, Terminkalender, Routenplaner, E-Mail-Konto, Kamera, Nachrichtensysteme, soziale Netzwerke, Bildergalerien, elektronischer Notfallpass, Taschenlampe, Dating-Plattform – die Liste ließe sich noch viel weiter fortsetzen, und ehe wir am Ende anlangen, würden noch weitere Anwendungen hinzukommen. Um für all diese Anwendungen Daten sammeln zu können, verfügen Smartphones über verschiedene Sensoren und GPS-Empfänger. Wenn die Dating-App unseren Standort kennt, kann sie Leute in der Nähe finden. Und wenn die Schlaf-Tracking-App die Geräusche in unserem Schlafzimmer misst, weiß sie, ob wir unruhige Schlafphasen hatten.

Wer nun denkt, dass all diese Anwendungen aus reiner Menschenliebe entwickelt werden, ist naiv. Unternehmen haben großes Interesse daran, Daten über ihre Kundinnen und Kunden zu sammeln. Zusammen ergeben alle Daten ein Profil von uns, das gewissermaßen jeden Schritt unseres Lebens dokumentiert und uns für die Wirtschaft berechenbar macht. Ade, Privatsphäre!

Massenweise verschiedene Apps Bunt blinkende Apps sind eine Fassade für Datenschnüffelei.

2. Wo stehen wir aktuell?

Täglich werden neue Apps für Smartphones angeboten, und täglich werden damit neue Daten erhoben. Viele Apps greifen unnötig auf Daten zu: Facebook und WhatsApp beispielsweise senden alle paar Minuten den aktuellen Standort an das Unternehmen. Die Erlaubnis erteilt man ihnen bei der Installation. Will man das nicht, kann man nur auf die App verzichten.

Digitalcourage-Newsletter abonnieren und ständig auf dem Laufenden bleiben.

Doch auch die Hersteller des Geräts und des Betriebssystems und auch der Telefonanbieter zapfen Daten ab. Beispielsweise kopiert sich Google regelmäßig alle Passwörter, Adressbücher, Aufenthaltsorte und dortige WLAN-Netze. Telefoniedaten und Kurznachrichten werden abgespeichert. Das Nutzungsverhalten wird ebenso analysiert wie der tägliche Tagesablauf.

Plötzlich ist sichtbar, welche Wegstrecken wir alltäglich zurücklegen. Es ist feststellbar, ob sich schlechtes Wetter auf unsere Stimmung auswirkt, wenn Unternehmen Wetterdaten mit emotional aufgeladenen Schlüsselwörtern in unseren Kurzmitteilungen abgleichen. Und Unternehmen haben Aufschluss darüber, was wir wann wo und wie getan haben – auch wenn wir selbst uns nicht mehr daran erinnern.

Zwei Frauen suchen nach dem Weg – eine mit Karte, eine mit Smartphone Mit dem Smartphone hinterlassen wir überall digitale Spuren.

3. Wo liegen die Gefahren?

Problem 1: Smartphones sind genauso anfällig wie Computer.
Smartphones können heute das leisten, was noch vor ein paar Jahren nur Standcomputern möglich war. Mit den kleinen Computern tragen wir gleichzeitig aber auch alle Probleme mit uns herum, die auch große Computer mit sich bringen: Malware, Viren, schlecht programmierte Software, fehlende Updates, fehlende freie Software, Hacks...

Problem 2: Smartphones werden weniger kritisch behandelt als Computer.
Weil das Smartphone eben nicht wie ein „normaler“ Computer aussieht, vergessen wir schnell, seine Sicherheitsregeln auch auf das Smartphone anzuwenden. Doch auch wenn wir zu Hause am Computer unser E-Mail-Konto mit einem sehr sicheren Passwort einrichten, nützt uns das nichts, wenn wir auf unserem Smartphone allen Leuten den Zugriff ermöglichen. Zum Beispiel, weil das Smartphone keinen Sperrcode hat und alle Leute, die unser Smartphone in Händen halten, auf unsere Mails zugreifen können.

Digitalcourage wirkt. Wirken Sie mit!

Problem 3: Bunt blinkende Apps sind eine Fassade für Datenschnüffelei.
Apps installieren wir oft nicht auf Vorrat, sondern aus der Situation heraus. Stellen Sie sich vor, Sie haben auf dem Nachhauseweg in der Nacht einen Schlüssel verloren. Vermutlich werden Sie ohne viel Zögern auf eine Taschenlampen-App zugreifen, um besser suchen zu können. Und vermutlich werden Sie in dieser Situation nicht viel Zeit darauf verwenden, die Nutzungsbedingungen zu lesen, weshalb ihnen entgeht, dass die kostenlose Taschenlampen-App auf Ihr Adressbuch zugreifen wird. App-Entwickler.innen nutzen harmlos erscheinende Anwendungen, um dahinter Datenschnüffel-Anwendungen zu verstecken.

Problem 4: Smartphones machen uns für Datenkraken gläsern und nackt.
Eindrücklich zeigte das 2011 der Grünen-Politiker Malte Spitz in einem öffentlichen Selbstversuch zur Vorratsdatenspeicherung. Spitz hatte ein Jahr lang die Daten mitprotokollieren und auswerten lassen, die bei der Nutzung seines eigenen Smartphones anfielen. So war ersichtlich, wann er telefoniert hatte, wo sein Smartphone sich dabei befand, wie lange er telefonierte und wie schnell er sich zwischen Mobilfunkmasten bewegte. Daraus ließ sich ein quasi lückenloses Bewegungs- und Kommunikationsprofil von ihm erstellen. Wenn nun noch Anwendungen wie Gesundheits-Apps, Dating-Apps oder Facebook hinzukommen, können wir von denen, die Zugriff auf diese Daten haben, komplett durchschaut werden.

Je mehr man über uns weiß, desto unwahrscheinlicher werden freie Willensentscheidungen mit offenem Ausgang. (Spektrum Digital-Manifest S. 8)

Eine Straßenbahn mit vielen Smartphone-Nutzer.innen Die permanente Nutzung der Smartphones erlaubt viele Rückschlüsse auf uns.

4. Fazit

Digitalcourage-Newsletter abonnieren und ständig auf dem Laufenden bleiben.
Smartphones sind Computer, und als solche müssen wir sie behandeln. Sie bieten zahlreiche praktische Anwendungen und können uns das Leben erleichtern. Doch diese Anwendungen haben immer einen Preis – und wenn Apps kostenlos angeboten werden, sollten wir nach der Währung suchen, mit der wir sie stattdessen bezahlen. Ein Euro ist mitunter günstiger als der komplette Zugriff auf unser komplettes Adressbuch. Eine gute Nachricht zum Abschluss: Wer das eigene Smartphone sichern und von Fremdeingriffen befreien will, kann auf die Tipps der Digitalen Selbstverteidigung zurückgreifen. Da sich Smartphones aber ständig weiterentwickeln, heißt es: wachsam bleiben!

Weiterführende Links

Machen Sie Ihr Smartphone sicherer!
Basics für ein sicheres Smartphone
Ausführliche Informationen zur Sicherheit des Smartphones


Bilder
brain picture: Allan Ajifo auf flickr CC BY 2.0 (nicht mehr verfügbar; zuletzt abgerufen am 29.01.2016)
iPhone apps sphere: Blake Patterson auf flickr CC BY 2.0
iPad Apps (Dec 2014): Wesley Fryer auf flickr CC BY 2.0
nation of swipers: Philippe Put auf flickr CC BY 2.0
Sjoerd Lammers street photography: Sjoerd Lammers auf flickr CC BY 2.0