20 Prominente klagen mit uns – 32.000 haben unterschrieben!

Juli Zeh, Marc-Uwe Kling, ver.di-Chef Frank Bsirske, Friedhelm Hengsbach, zwei Bundestagsabgeordnete, mailbox.org und viele weitere klagen mit uns gegen Überwachung von Telefon- und Internet. Über 33.000 haben schon die Klage unterschrieben. Mitmachen!
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Karikatur: Ein Richter des Bundesgerichtshof sitzt an einem Tisch. Darauf liegt ein Buch mit gequältem Gesicht und „Vorratsdatenspeicherung“. Der Richter sagt: „Sie wissen sicher, dass ich schon mit ihrem Vorgänger zu tun hatte...“.

Prominente und Aktivist.innen wollen die Telefon- und Internetüberwachung aufhalten

Die Schriftstellerin Juli Zeh, der Kabarettist Marc-Uwe Kling, ver.di-Chef Frank Bsirske, der Ökonom und Jesuit Friedhelm Hengsbach, zwei Bundestagsabgeordnete und 14 weitere prominente Unternehmer, Journalisten, Rechtsanwält.innen und Aktivist.innen gehen mit Digitalcourage und dem AK Vorrat nach Karlsruhe.
Gemeinsam legen wir Verfassungsbeschwerde gegen das neue Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung ein.
Denn durch das „Gesetz zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten“ soll ab Sommer 2017 gespeichert werden, wer wann wo mit wem per Telefon kommuniziert und im Internet unterwegs ist. Inzwischen sind es mehr als 33.000 Menschen, die die Klage mit ihrer Unterschrift unterstützen.

Telekommunikation aller Menschen in Deutschland nicht mehr vertraulich

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen das Prinzip der Vorratsdatenspeicherung, weil dadurch die Telekommunikation aller Menschen in Deutschland nicht mehr vertraulich ist. Der Tagesablauf von allen Mobilfunknutzer.innen wird genauso vollständig ausgeforscht wie die individuelle Internetnutzung – und auch die Kommunikation mit Berufsgeheimnisträger.innen, etwa mit Ärzten, Rechtsanwält.innen, Geistlichen und Journalist.innen. Die Vorratsdatenspeicherung ist damit ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Grundrechte des Telekommunikationsgeheimnisses sowie der Informations- und Pressefreiheit, wobei der tatsächliche Nutzen der Vorratsdatenspeicherung nicht nachgewiesen wurde.

Das Maß an Überwachung ist längst übervoll

Eine Auflistung aller existierenden Überwachungsgesetze (Überwachungsgesamtrechnung) macht deutlich, dass das Maß für Telefon- und Internetüberwachung längst übervoll ist. Digitalcourage und der AK Vorrat hatten bereits gegen das Vorgängergesetz geklagt. Dieses hat das Bundesverfassungsgericht 2010 für weitgehend verfassungswidrig erklärt. Mehr als 32.000 Menschen in Deutschland unterstützen die erneute Verfassungsbeschwerde mit ihrer Unterschrift.

Das sagen einige unserer Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer

„Journalismus ohne Vertraulichkeit ist nicht möglich. Der Staat muss die Pressefreiheit schützen und darf sie nicht durch ungezügelte Datensammelwut aushebeln!“, sagt Frank Überall, Bundesvorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbands.

„Ich freue mich, dass die jetzt erhobene Beschwerde die Argumente, der bereits beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Beschwerden, vor allem durch die Recherchearbeit von Digitalcourage um wichtige faktische Argumente ergänzen wird“, sagt Rechtsanwalt Meinhard Starostik.

„Die Vorratsdatenspeicherung beschädigt das, was uns am meisten Sicherheit garantiert: Unsere Freiheit.“ sagt padeluun von Digitalcourage. „Kriminelle wissen die Überwachung zu umgehen, alle anderen werden unter Generalverdacht gestellt. Das beschädigt massiv Rechtsstaat und Demokratie.“

„Bei Beratungen von Arbeitnehmern, Betriebsratsgründungen, Streiks und Tarifverhandlungen stellt schon allein die Tatsache der Kontaktaufnahme eine sensible Information dar. Da nicht auszuschließen ist, dass die gesammelten Daten in unbefugte Hände fallen, ist die Speicherung von Telefon- und Internetverbindungsdaten gefährlich. Für meine Arbeit bin ich auf die Vertraulichkeit meiner Kommunikation angewiesen“, sagt Frank Bsirske, Vorsitzender von ver.di, zu der auch die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) gehört.

„Vorratsdatenspeicherung macht uns alle splitternackt. Zielgerichtete Ermittlungen sind rechtsstaatlich, wahllose Massenerfassung ist überwachungsstaatlich“, sagt Patrick Breyer von der Piratenfraktion Schleswig-Holstein. „Eine freie Gesellschaft braucht vertrauliche und spurenlose digitale Kommunikation.“

„Die Vorratsdatenspeicherung stellt nicht nur für Personen, die Berufsgeheimnisträger sind, eine ständige Gefahr dar, sondern für jede Bürgerin und jeden Bürger, weil die ständige und lückenlose Überwachung eine massive Bedrohung der individuellen Freiheit ist“, sagt die Rechtsanwältin Julia Hesse (LOAD e.V.).

Katharina Nocun, Mitglied im Beirat des Whistleblower-Netzwerk e.V.: „Die Vorratsdatenspeicherung gefährdet massiv den Schutz von Whistleblowern und Hinweisgebern, die im öffentlichen Interesse handeln. Eine Demokratie braucht überwachungsfreie Räume, in denen Whistleblower sich an Anwälte, Beratungsstellen und Journalisten wenden können, um Missstände aufzudecken.“

„Das aktuelle Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung greift viel zu tief in die Kommunikation der Bürgerinnen und Bürger ein“, sagt Peer Heinlein, Geschäftsführer von mailbox.org. „Die Menschen verlieren durch die Überwachung das Vertrauen in deutsche Anbieter. Zudem bürdet der Staat die Kosten für die Vorratsdatenspeicherung einseitig den Providern auf. Gerade für kleinere Anbieter wird das wirtschaftlich schwierig.“

„Mit Verweis auf die Terroranschläge in Paris wurde 2015 die Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten in der Bundesrepublik, die das Bundesverfassungsgericht 2010 für weitgehend verfassungswidrig erklärt hatte, abgewandelt wieder eingeführt“, sagt Rolf Gössner, Vorstandsmitglied der Internationalen Liga für Menschenrechte. „Dabei haben doch gerade die Erfahrungen in Frankreich gezeigt, dass mit der dort exzessiv genutzten Vorratsdaten-Massenspeicherung keines der schweren Attentate verhindert werden konnte.“

Liste mit allen Mitbeschwerdeführenden

  • Dr. Patrick Breyer, Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, Piratenfraktion Schleswig-Holstein
  • Frank Bsirske, Vorsitzender von ver.di, zu der auch die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) gehört
  • Digitalcourage e.V., Bielefeld
  • Dr. Rolf Gössner, Rechtsanwalt und Publizist, Vorstandsmitglied Internationale Liga für Menschenrechte
  • Wolfgang Grebenhof, Bundesvorstand, Deutscher Journalistenverband (DJV)
  • Peer Heinlein, Internetprovider mailbox.org, Berlin
  • Prof. em. Dr. Friedhelm Hengsbach SJ, Ökonom, Jesuit und Sozialethiker
  • Julia Hesse, Rechtsanwältin, LOAD e.V., Berlin
  • Peter Jebsen, Bundesvorstand, Deutscher Journalistenverband (DJV)
  • Michael Kellner, Politischer Bundesgeschäftsführer Bündnis 90/Die Grünen
  • Marc-Uwe Kling, Autor und Kabarettist, Berlin
  • Dr. med. Silke Lüder, stellvertretende Bundesvorsitzende Freie Ärzteschaft e.V.
  • Katharina Nocun, Beirat Whistleblower-Netzwerk, Berlin
  • padeluun, Digitalcourage e.V., Bielefeld
  • Petra Pau, MdB Die Linke, stellvertretende Bundestagspräsidentin
  • Kai-Uwe Steffens, Arbeitskreis gegen Vorratsdatenspeicherung, Petent beim Bundestag
  • Rena Tangens, Digitalcourage e.V., Bielefeld
  • Prof. Dr. Frank Überall, Vorsitzender Bundesvorstand, Deutscher Journalistenverband (DJV)
  • Albrecht Ude, Journalist und Recherchetrainer, Netzwerk Recherche, Berlin
  • Halina Wawzyniak, Rechtsanwältin und MdB, Netz- und Rechtspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke im Bundestag
  • Dr. Juli Zeh, Juristin und Schriftstellerin